Was ist Internet-Literatur?


Das Bild: Vordergründiges und Hintergründiges

Internet-Literatur erweitert den Text um das Vokabular des Bildes. Das Bild fügt eine "sinnliche" Dimension hinzu, bzw. macht den Text sinnlich "greifbar", besonders, wenn das Bild zugleich ein Hyperlink ist.

Im Gegensatz zur "Papier-Literatur" ist die Arbeit mit dem Bild bzw. der Grafik kein großer Kostenfaktor mehr. Die Publikations-Bedingungen haben sich verändert. Die AutorIn kann ihr Werk den eigenen Vorstellungen gemäß gestalten.

Diese neue Art von Literatur löst die Grenze zwischen Sprache und Bild auf. In ihrem Rahmen können Wort und Bild mehr und anders ineinander greifen als je zuvor. Die klassische Funktion des Bildes als Gestaltungs- und Illustrationselement innerhalb von Texten stellt nur noch eine Möglichkeit von vielen dar.

Natürlich können Bilder einfach intuitiv verwendet werden. Oder rein dekorativ. Möglich ist alles. Doch spannender ist, wie auch beim Hyperlink, der Einsatz der Bilder mit einer bestimmten Funktion.

Bilder können beispielsweise:

  • eine unmittelbar erfaßbare Atmosphäre schaffen
  • Zeichen sein, die neue Bedeutungsmöglichkeiten eröffnen
  • Katalysator für die Handlung sein (z.B. in dem erwähnten "Langen Weg zur Pizzeria Universo": Die Bilder einer Speisekarte versetzen die Protagonistin in andere Welten)
  • als Hyperlink einen bildlichen Sprung in eine Geschichte ermöglichen und somit die LeserInnen förmlich in die Welt der Protagonisten hineinziehen (z.B. zu Beginn der erwähnten "Spuren")
  • als bewegte Bilder zentrale Aussagen in den Mittelpunkt rücken und besonders als Link einen starken Aufforderungscharakter besitzen.

Auch hier gilt dieselbe Forderung wie für die Sprache: anzustreben ist eine Ökonomie des Bildes.

Eine Besonderheit der Web-Seiten und damit auch der Internet-Literatur sind die Hintergrundbilder. Diese können sehr subtile Funktionen haben, die bisher wenig genutzt werden. Eine der ersten systematischen Anwendungen dieses Prinzips finden Sie in den "Spuren" und "Auf dem langen Weg zu Pizzeria Universo".

Hintergrundbilder können beispielsweise:

  • Hintergrund auch im übertragenen Sinn sein
  • unterschiedliche und sehr plastische Räume schaffen
  • strukturierende Funktion haben
  • Interpretationshilfe, Hinweis auf die Intention der AutorIn sein
  • Linien und Ebenen einer Story visualisieren
  • ein goldener Faden durchs Labyrinth sein

Bilder sind Pforten zu virtuellen Räumen, sie laden ein zu einer imaginären Reise in eine andere Welt.

© Odile Endres 1998