Was ist Internet-Literatur?
Die Hyperlinks: der Sprung ins Ungewisse?Ein wesentliches Merkmal von Internet-Seiten ist der Hypertext. Texte oder Bilder werden über Hyperlinks miteinander verbunden. Diese Hyperlinks sind Sprünge: zu anderen Texten, zu Bildern, zu weiteren Links. Deshalb bieten sich Hyperlinks für mehr oder weniger sprunghafte Assoziationen an. Dies entspricht auch der gängigen These, daß durch die Hyperlink-Struktur die Linearität des Textes aufgebrochen werde. Die oft vorgebrachte Behauptung lautet, es gebe keinen Anfang, keine Mitte und kein Ende mehr. Dies ist nur bedingt wahr. Einen Anfang gibt es immer, weil die LeserInnen irgendwo einsteigen müssen. Und ob es ein Ende gibt oder nicht, ist der AutorIn überlassen. Assoziatives Schreiben ist nichts grundlegend Neues. Neu ist die Konsequenz, mit der Assoziationen miteinander verbunden und kombiniert werden können. Worte, Textstücke, Bilder, Passagen, sind nicht mehr nur über eine unsichtbare innere Logik, sondern durch sicht- und klickbare Hyperlinks miteinander verknüpft. Und diese Logik gestaltet sich beim Lesen für jede/n neu. Hyperlinks bieten aber nicht nur die Möglichkeit assoziativer Sprünge. Es sind ganz verschiedene Verknüpfungsmöglichkeiten denkbar. Als Veranschaulichung mögen zwei Beispiele aus meiner eigenen Arbeit dienen.
Eines haben alle Verwendungsmöglichkeiten gemeinsam. Die Hyperlinks werden von der AutorIn bewußt gesetzt. Sie sollten m.E. eine innerhalb des Textes notwendige Funktion haben, wenn die Kunst des Schreibens weiterhin existieren soll. Hyperlinks sind ein Werkzeug und ein Angebot an die LeserInnen. Die Hyperlinks ermöglichen es, die Intention, die Geschichte des Autors/der Autorin nachzuvollziehen. Sie lassen den LeserInnen aber auch die Freiheit, dahin zu navigieren, wohin es sie zieht. Das heißt vielleicht, eine neue Geschichte zu erfinden. © Odile Endres 1998
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